Mittwoch, 20. Februar 2008
Forschung an embryonalen Stammzellen
Da ich in der letzten Woche durch eine starke Angina das Bett hüten musste, hatte ich Gelegenheit die Bundestagsdebatte über die embryonale Stammzellenforschung zu verfolgen.

Als katholischer Christ ist für mich die Frage, ab wann der Mensch ein Mensch ist, eine klar beantwortete: Und zwar ab dem Zeitpunkt der befruchteten Eizelle. Von daher kann ich die Aussage der katholischen Bundesforschungminisgterin Shavan nicht nachvollziehen, dass sie die Glaubenslehre ihrer Kirche berücksichtigt hätte, indem sie sich die Entscheidung für eine Stichtagsverschiebung nicht leicht gemacht hätte. Nein, Frau Bundesministerin, so berücksichtigt man diese klare Glaubensaussage der eigenen Kirche nicht, sondern nur darin, dass man sich der Forschung an embryonalen Stammzellen vollkommen versagt. Schließlich ist es egal wann und von wem der Embryo willentlich getötet wurde. Dieses Unrecht lässt sich durch Stichtage nicht relativieren. Auch das Wort von den überzähligen Embryonen ist wie das Wort der Überbevölkerung ja ein Vokabular zeitgeistiger Menschenverachtung. Schließlich kann es nie ein Zuviel an Menschen geben, nur ein Zuviel an aufgehäuften Gütern und Reichtümern eines raffgierigen Profitkultes in den falschen Händen während andere Menschen verhungern.

Da die Sachlage für einen kirchentreuen Katholiken also klar ist, möchte ich nun einige vorgeschobene Argumente ansprechen:

a) Die meisten befruchteten Eizellen nisten sich erst nach sieben Tagen in der Gebärmutter ein, so dass in diesen sieben Tagen die Menschwerdung nicht sicher ist.

Lassen wir den ersten Teil des Arguments von Frau Renate Schmidt mal als Faktum stehen, so sagt dies doch noch nichts über jene befruchteten Eizellen, die sich eben dann doch einnisten und dann weiter heranreifen. Wollte man also diese Argumentation durchhalten, müsste man innerhalb dieses Zeitraumes die natürlich abgestoßenen befruchteten Eizellen irgendwie auffangen, um nur diesen "Ausschuss" weiter zu verwerten. Mit einer künstlich befruchteten Eizelle ist das aber nicht gleichzusetzen. Man weiß nicht, welche der Eizellen sich eingenistet hätten - und somit dann zur weiteren Reifung gelangt wären - und welche nicht. Dieser natürliche Vorgang im Mutterleib kann also nicht die künstliche Befruchtung und die ebenso künstliche Abtötung der Embryonen rechtfertigen. Ansonsten würde man ja Spätabtreibungen dadurch rechtfertigen, dass es ja auch Totgeburten gibt. Nur weil es natürliche Sterbeprozesse gibt, heißt das doch nicht, dass man willentlich menschliches Leben beenden darf.


b) Der Tatbestand der Fristenregelung zur Abtreibungsfreigabe zeigt doch, dass Leben innerhalb einer Frist schon heute ethisch als Verfügbar klassifiziert ist.

Man kann dieses Argument auch umkehren. Gerade die Debatte des Embryonenschutzes zeigt doch, dass umgekehrt eine befristete straffreie Abtreibungsfreigabe ethisch verfehlt war. Wer in einem Embryonenschutzgesetz, dass ja nicht an sich zur Debatte stand, anerkennt, dass Embryonen der Forschung nicht frei zur Verfügung stehen, der muss auch einsehen, dass Embryonen nicht der freien Lebensplanung der sie tragenden Frau zur Verfügung stehen. Wenn der Bauch auch der Frau gehört, der Embryo gehört ihr nicht. Ein Embryo, der der Forschung nicht frei zur Verfügung steht, darf auch nicht in irgendeiner Frist der Abfalltonne frei zur Verfügung stehen.


c) Die Ethik des Heilens verpflichtet uns, alle therapeutischen Möglichkeiten für zukünftige Generationen zu erforschen

Ein Menschenleben darf nicht gegen ein anderes aufgerechnet werden. Wir sehen ja an der unhaltbarkeit der Argumente a) und b), dass der Beginn menschlichen Lebens nicht frei definierbar ist, sondern am Startpunkt - der Befruchtung der Eizelle, anzusetzen ist. Damit hat die Ethik des Heilens genau da seine Grenzen, wo es auch verboten ist, geborene Menschen zugunsten späterer Therapiemöglichkeiten im Rahmen der Forschung zu töten.


d) Wenn man das Forschen an embryonalen Stammzellen verbietet, dann muss man auch sehen, dass das Forschen an adulten Stammzellen den vergleich mit embryonalen voraussetzt und daher auch ethisch zu verwerfen wäre.

Diese Äußerung halte ich für falsch. Auch wenn Experten heute angeben, dass ihre Erfolge in der adulten Stammzellenforschung auf die vorausgehenden Ergebnisse embryonaler Stammzellenforschung aufbaut, so muss das aber generell nicht zwangsläufig so sein. Wenn man erforscht, wie man adulte Stammzellen reprogrammieren kann, dann muss das doch nicht auf die selbe Weise geschehen, die auch menschliche embryonale Stammzellen vornehmen. Es kommt nur darauf an, dass man adulte Stammzellen irgendwie so reprogramieren kann, dass daraus beliebige Zellarten für die Therapie entstehen und diese so entstandenen Zellkulturen nicht krebsauslösend sind. Dazu müssen embryonale Stammzellen nicht nachgebaut werden. Im übrigen kann man rein natürlich verstorbene Embryonen genauso untersuchen, wie man den Leichnam eines ausgewachsenen Menschen seziert oder für Organentnahmen etc. verwendet. Solche Erkenntnisse lassen sich dann auch für die adulte Stammzellenforschung heranziehen. Um eine Abstoßung eines derart nachgezüchteten Gewebes auszuschließen, kommt man ohnehin an eine Reprogrammierung adulter Stammzellen des Patienten für dessen individuelle Therapie nicht vorbei.

... comment