Sonntag, 14. März 2010
Navigation des Geistes - Teil 2 -
Um zu zeigen, dass Dogmen nicht die Offenheit zur Untersuchung bislang unorthodoxer Sichtweisen und Phänomene einschränken, braucht es nur einmal einen kurzen Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte dieser Glaubensmaxime in der Kirche. Sie sind ja nicht am grünen Tisch, in irgendwelchen Hinterzimmern als fertiges System erdacht worden, sondern entstammen einem langen Erfahrungsweg und wurden nur deswegen und erst dann als Dogmen formal festgeschrieben, weil plötzlich überliefertes Glaubensgut angegriffen werden sollte. Glaubensgut, das zuvor durch Erfahrungstatsachen sehr gut abgesichert war, nun aber von bestimmten Kreisen umgestossen werden sollte, weil man sich die Erfahrungsrealität den eigenen Zwecken unterordnen wollte. Gerade die dann formulierten Dogmen machten schließlich klar, dass bestimmte zum Beispiel machtpolitisch zweckmäßige Entscheidungen mit der eigentlich dogmatisch lange zuvor abgesicherten Maximen unvereinbar waren und schließlich zu einer Rückbesinnung auf die Dogmen führte. So konnten beispielsweise gewaltsame Auswüchse, die man sich anderweitig abgeschaut hatte, letztlich beendet werden. Die Dogmen dienten und dienen somit als Navigationsinstrument, um zur eigentlichen Botschaft Christi im Handeln der Kirche und für jedes ihrer Glieder zurückkehren zu können. Gerade sie ermöglichen damit einen Bezugsrahmen, in dem Untersuchungen in aller Offenheit stattfinden können, ohne in Gefahr zu geraten sich vollkommen zu verirren. Jedem Irrweg wird also auch ein Rückweg zur Seite gestellt. Erst dadurch kann man sich auf die Reise ins unbekannte begeben. Um im Gleichnis zu bleiben: Columbus konnte dadurch erst Kunde vom neu entdeckten Land geben, da man wusste, wie man zum Ausgangshafen gelangen konnte.

Können Dogmen nicht auch missbraucht werden? Das ist mit allen Dingen so. Was man gebrauchen kann, das kann auch missbraucht werden. Gerade aber die kirchlichen Dogmen haben gezeigt, dass sie selbst letztlich immer wieder den Weg zu ihrem rechten Gebrauch wiesen. Als mit der Reformation einige Dogmen bezüglich der Sakramente schlicht abgeschafft wurden, um einen Missbrauch der Sakramente zu unterbinden, entzog man sich gleichsam selbst das Bezugsystem zur ursprünglichen Botschaft Christi von der Urkirche auf die Lehre der Apostel. Als die Refomratoren meinten mit dem Sola Scripture - Allein die Schrift - nun den objektiven Bezugsrahmen gefunden zu haben und die kirchliche Überlieferung und daraus resultierende Lehre abstreifen zu können, ernteten sie einen Flickenteppich an Lehren und sich in Teilbereichen widersprechenden Denominationen. Damit wurden sie aber dem Wort, das ja nur noch gelten sollte, sogleich ungehorsam, da es dort heißt: "Falls ich aber länger ausbleibe, sollst du wissen, wie man sich im Hauswesen Gottes verhalten muss, das heißt in der Kirche des lebendigen Gottes, die die Säule und das Fundament der Wahrheit ist." (1.Timotheus 3:15)

Die Konsequenz daraus, wenn man als Christgläubiger die Kirche als Säule und Fundamnet der Wahrheit aufgibt, sind dann eben ein Flickenteppich an kirchlichen Gemeinschaften, die jede für sich im Besitz der Wahrheit sein will. Wer nicht mehr allgemiengültige Navigationsregeln folgen will, der verliert nun einmal den Weg und findet schwer zurück. Kommen wir aber zum eigentlichen Kern dieser Betrachtungen zurück: Dogmen muss man nicht aufgeben, um Neuland zu beschreiten. Dies gilt gerade auch im wissenschaftlichen Bereichen, die ja auch der Biophysiker Dieter Broers und die von ihm zitierten Wissenschaftler beschreiten. Gerade die oft herangezogene Auseinandersetzung des kirchlischen Lehramtes mit Galileo betraf, was der Stellung von Erde und Sonne anging, nicht dogmatische Glaubensfragen. Es war und ist kein Glaubensdogma, dass die Erde im Zentrum des Universums steht. Sondern es war eben eine wissenschaftliche Sichtweise aus der Antike. Eine Ansicht aus einer Zeit noch vor Errichtung der Urkirche durch die Apostel am Pfingsttag. Die Kirche machte sich nur zu einer Verteidigerin des damals akzeptierten wissenschaftlichen Weltbildes und sah die Galileische Argumentationskette nicht als einen Beweis für die Bewegung der Erde um die Sonne an. Zum damaligen Zeitpunkt war dieser Ansatz der sich um die Sonne bewegenden Erde sehr wohl als begründete Hypothese ohne weiteres vertretbar, aber ein Kirchenmann - der Galileo auch war, das vergessen gerne heutige Kritiker - sollte nicht etwas als bewiesen bezeichnen, was eben noch nicht abschließend untersucht war und wofür es damals noch Lücken für Alternativerklärungen gab (siehe auch meine Beiträge unter http://designale.blogger.de/stories/1277382/ ). Auch heute verlangt man im Wissenschaftsbetrieb für nach aktuellem Wissensstand außerordentliche Behauptungen auch außerordentliche Beweise. So müssen Modelle, die die von der etablierter Wissenschaft und auch von der heutigen Kirche favorisierte Urknalltheorie in Abrede stellen, ganz besondere Beweishürden überwinden und nicht einfach die schon bekannten Beobachtungen reproduzieren, was sie zum Teil auch schon heute recht gut können.

Wir sehen also: Glaubensdogmen sind kein Hemmschuh für einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Wissenschaftliche Fragestellungen, wie sie Broers und Co. ansprechen, beissen sich also nicht mit den - eigentlich recht wenigen - Glaubensdogmen eines Katholiken. Selbst in Fragen geistlicher Ansichten dienen Dogmen als Motor und lassen sehr weite Spielräume zu. Wie das anhand von Weissagungen beispielhaft gezeigt werden kann. Dazu aber später mehr.

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