Freitag, 11. Mai 2012
Hildegard von Bingen: Heilige der Weltkirche!
Nun wurde es auch kirchenrechtlich formal korrekt durch einen Rechtsakt Papst Benedikts XVI. besiegelt:

Hildegard von Bingen ist eine Heiliger der Weltkirche!

Dazu ein kath.net Artikel hier.

Da schon letztes Jahr gemu0maßt wurde, dass Hildegard zur Kirchenlehrerin ernannt werden soll, wäre das die formalrechtlich notwendige Vorbedingung dazu. Mal sehen, was das Jahr diesbezüglich noch so bringt...

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Freitag, 4. Mai 2012
Vatikan: Keine Kompromisse bei Religionsfreiheit und Judentum
Mit einiger Sorge, dass im Rahmen der Gespräche des Vatikans mit den Pius-Brüdern Errungenschaften des II. Vatikanums insbesondere zur Religionsfreiheit und der Aussöhnung mit dem Judentum teilweise zurückgenommen werden könnten, habe ich die Verhandlungen mit den Pius-Brüdern beobachtet.

Nach Aussage des Bundestagsvizepräsidenten, der sich zu Gesprächen im Vatikan aufhielt, wird der Vatikan gegenüber den Pius-Brüdern in diesen Fragen aber nicht nachgeben. Das berichtet kath.net hier.

Für mich sind diese Fragen von enormer Bedeutung:

Zum einen ist die Religionsfreiheit für mich Ausdruck des Freiraums, den jeder Mensch benötigt, um sich ungezwungen auf der eigenen Suche nach Gott machen zu können. Dies auch, wenn er auf diesem Weg der Suche sich zunächst einmal ein goldenes Kalb anfertigt, um eine vorläufige Antwort auf seine in sich entdeckte natürliche Religiosität zu geben, bis ihm authentisch Christus verkündigt wurde. Dieser Christus kann dabei nicht jenes verzerrte Bild eines moralistischen Sittenwächters sein, sondern nur jener Christus, der ohne Vorbedingung jeden Menschen so liebt, wie er ist. Aus einer solch erfahrenen bedingungslosen Liebe wird sich dann die neue Schöpfung durch Christus in dem Menschen verwirklichen können, um zur wahren Freiheit in Christus zu gelangen.

Zum anderen ist die Aussöhnung mit dem heutigen Judentum auch deswegen wichtig, nicht nur um vergangenes Unrecht und Verfolgung aus dem Raum der Kirche gegen die Juden zu sühnen, sondern um wirklich anzuerkannen, dass der mosaische Bund ein ewiger Bund ist und damit eben klar ist, dass wer sich in ehrlicher Hinwendung zum Gott Israels in dem mosaischen Bund befindet, auch zur Erlösung gelangt - auch heute noch!

Wir Christen glauben zwar, dass diese Erlösung dennoch durch Christus geschieht, aber eben auch auf jene ausstrahlt, die sich noch im Alten Bund, der durch Christus nicht abgschafft wurde, befinden.

Die Pius-Bruderschaft gibt ehrlicherweise klar zu erkennen, dass sie diese beiden Aspekte, die in der Pastoral des zweiten Vatikanums herausgearbeitet wurden und auf der pastoralen Ebene eine Diskontinuität zur bisherigen Tradition darstellen, nicht mittragen. Daher würde ein Kompromiss in dieser Fragen eine Verwirrung zumindest des Kirchenvolkes nach sich ziehen. Sollten die Pius-Brüder in diesen Fragen nicht eingelenkt haben, was nach ihren eigenen Äußerungen nicht geschehen ist, dann kann es auch keine Einigung mit dem Vatikan geben.

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Freitag, 27. April 2012
Richtigstellungen zur sog. Hexenverfolgung
Als Konvertit von der evangelischen zur katholischen Kirche werde ich manchesmal gefragt, wie ich denn einer Kirche freiwillig angehören kann, die Millionen von Frauen als Hexen verbrannte.

Meine Entgegnung ist stets, dass diese schwarze Legende antikirchlicher Kreise eben nicht der Wahrheit entspricht und gerade als ehemaliger Protestant kann ich dann nicht umhin zu betonen, dass gerade in evangelischen Gebieten die Hexenverfolgung am stärksten war, obwohl auch dort keine Millionen Frauen zu Tode kamen.

Selbstverständlich finde ich, dass schon ein Todes- bzw. Folteropfer genau ein Todes- bzw. Folteropfer zu viel ist, dennoch müssen die historischen Tatsachen richtig gestellt werden.

Zum Thema Hexenverfolgung habe ich heute auf kath.net einen Artikel gefunden, der sich mit meinen Erkenntnissen zu dem Thema deckt und den ich daher hier verlinke.

Daraus:

Die Opfer. Es waren nicht „8 oder 9 Millionen Opfer“, wie die NS-Propaganda vermutete, sondern – nach derzeitigem Forschungsstand – etwa 50.000. In 350 Jahren europäischer Hexenverfolgung (1430-1780). Die Christenverfolgung führt übrigens jedes Jahr zu mehr als doppelt so vielen Opfern.

Die Täter. Rund die Hälfte der 50.000 Opfer lebte auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Wenn man davon ausgeht (und davon darf man aufgrund der Quellenlage wohl ausgehen), dass die Opfer zahlenmäßig zwischen protestantischen und katholischen Gebieten des Reichs ungleich verteilt waren – zu Lasten der protestantischen Gebiete –, dann hat die Katholische Kirche die Verantwortung für etwa 10.000 Todesopfer.

Interessant ist auch der Zusammenhang von Inquisition und Hexenverbrennungen: Nur an einigen hundert der über drei Millionen Hexenprozesse (Schuldspruchquote: 1,5 Prozent) war die Inquisition beteiligt. Die Hexenprozesse fanden in der Tat vor weltlichen Gerichten statt. Die Inquisition interessierte sich nämlich hauptsächlich für Ketzer, nicht für Hexen. Im katholischen Spanien hat es keine Hexenverfolgung gegeben – wegen der Inquisition. Auch in Italien sorgte die Inquisition dafür, dass so gut wie keine Hexe verbrannt wurde. In Rom – dem vermeintlichen Zentrum des Grauens – wurde nie eine Hexe oder ein Zauberer verbrannt. Die Katholische Kirche hat die Hexenverfolgung niemals offiziell bejaht.

„Ja, aber der ,Hexenhammer’!“ Oft wir unterschlagen, wie es eigentlich zu dem berüchtigten „Hexenhammer“ (Malleus Maleficarum, 1486) kam. Heinrich Kramer (Institoris) schrieb ihn, weil er in Innsbruck erfolglos einen Hexenprozess angestrengt und kurz darauf des Landes verwiesen wurde. Von wem? Vom Bischof Georg Golser. Der „Hexenhammer“ ist eine Reaktion darauf gewesen. Die Bulle, auf die sich Kramer in Innsbruck berief, Summis desiderantes affectibus (1484), enthielt im Übrigen die Aufforderung, verdächtige Personen ernsthaft zu prüfen und bei bestätigendem Ergebnis zurechtzuweisen, zu inhaftieren und zu bestrafen – nicht aber, sie zu verbrennen. In der Praxis hat das den Hexenwahn eher gemindert als befördert. Kirchenrechtlich hat die „Hexenbulle“ übrigens nie Bedeutung erlangt, maßgebend war immer der Canon episcopi, der Hexenglaube als Einbildung ablehnte und bis zur Kirchenrechtsreform von 1918 im maßgeblichen CIC enthalten war; „Summis desiderantes affectibus“ taucht dagegen in keinem Verzeichnis auf. Wie gesagt: Die Katholische Kirche war gegen die Hexenverfolgung – im Gegensatz zu Luther und Calvin. Martin Luther war ein Verfechter der Hexenverfolgung, denn er war überzeugt von der Möglichkeit des Teufelspaktes und des Schadenszaubers. In einer Predigt vom 6. Mai 1526 sagte er über Hexen und Zauberer: „Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.“ – Fairerweise muss man aber sagen, dass sowohl katholische wie auch protestantische Theologen gegen den Hexenwahn angekämpft haben. Neben Jesuiten wie Spee und Laymann etwa Johann Weyer (Konfessionszugehörigkeit umstritten, wahrscheinlich Konvertit) und der reformierte Anton Praetorius.

Das Ende. Interessant ist auch, wie der Hexenwahn – in Europa! – sein Ende fand. Noch einmal Schröder: „Durch die Aufklärung, sagt man. Das stimmt so nicht. Er kam nämlich schon im 17. Jahrhundert weithin zum Erliegen.“ Es gab nämlich massiven Widerstand. „Die Gegner waren Theologen und Juristen, die sich als Christen verstanden.“ Einer davon war der schon erwähnte Friedrich Spee von Langenfeld. 1631 erscheint sein Hauptwerk, die Cautio criminalis („Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse“), die nur wenige Woche nach Erscheinen vergriffen ist. In diesem Buch entlarvt er die Hexenprozesse als Farce und die Vollstreckung der Urteile als Mord. Im Zentrum der Kritik steht die Anwendung der Folter, die damals zur Wahrheitsfindung eingesetzt wurde. Spee hält Folter zwar auch für moralisch verwerflich („Kein deutscher Edelmann würde ertragen können, daß man seinen Jagdhund so zerfleischte. Wer soll es da mit ansehen können, daß ein Mensch so vielmals zerrissen wird?“), doch zunächst für juristisch untauglich, weil sie in der Rechtspraxis zur fehlerhaften Beweisaufnahme führe. Friedrich von Spee war übrigens katholisch.

Interessant in dem Zusammenhang, dass offenbar erst 1975 durch die Arbeiten von Norman Cohn und Richard Kieckhefer geklärt wurde, dass die von Etienne Leon de Lamothe-Langon in seiner Histoire de l’Inquisition en France (1829) beschriebenen Massenprozesse und -hinrichtungen im Zuge der Hexenverfolgung im Frankreich des 14.[sic!] Jahrhunderts frei erfunden waren, wie die Mediävistin Jenny Gibbons in einem interessanten Artikel darlegt.

Nachdem die Forschungskommunität anderthalb Jahrhunderte lang keinen Anstoß daran nahm, dass der Verfasser der „Inquisitionsgeschichte in Frankreich“ keine Belege für seine Behauptungen anführt und keine Quellen nennt, ist nun deutlich herausgearbeitet worden, dass man für weitreichende Behauptungen, wie etwa die, dass an einem einzigen Tag 400 Hexen ermordet worden seien, Behauptungen anführen und Quellen nennen sollte. Diese Klärung erfolgte erst, als die Fiktion de Lamothe-Langons längst in der Geschichtsschreibung tradiert war und infolgedessen als unumstößliches Faktum die Stammtische erobert hatte. Wir erinnern uns: Geschichtsbilder werden gemacht.

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Dienstag, 13. März 2012
Turiner Grabtuch
Das Turiner Grabtuch ist ein sehr interessanter Gegenstand und mit dafür verantwortlich, dass ich mich solchen anomalen Phänomenen - auch aus dem nichtchristlichen Raum - sehr aufgeschlossen zeige.

Während beim Grabtuch die Radiokarbondatierung noch einmal wiederholt werden muss, diesmal mit Proben aus der Mitte des Tuches und nicht von den Rändern, gibt es auch Forschungen über die Entstehungsart. Hier besagt nun eine Ergebnis, dass sehr hohe Energien erforderlich gewesen sein müssen.

Einem mittelalterkichen Fälscher hätte solche Energien sicher nicht zur Verfügung gestanden und stehen uns heute auch nicht zur Verfügung, um ein so großformaiges Bild zu kreieren.

Kath.net berichtet hier:

Der Wissenschaftler veröffentlichte die Ergebnisse seiner Forschung in einem Artikel im „Journal of Imaging Science and Technology“, wie der „Vatican Insider“ berichtete.

Nach einer ausführlichen Diskussion der Haupttheorien für die Entstehung des Bildes, das man 1898 durch die aufkommende Fotographie auf dem alten Leinentuch entdeckt hatte, folgerte Fanti, dass „es uns die Theorie der Wärmestrahlung erlaubt, näher an die Einzelcharakteristiken des Turiner Grabtuchs heranzukommen, aber sie stellt uns vor ein wichtiges Problem: Nur kleine Sektionen des Bildes, welche in Quadratzenitmetern zu messen sind, können bisher reproduziert werden; ansonsten würden Ressourcen benötigt werden, welche bisher noch nicht in Laboren zur Verfügung stehen“. Die Experimente, welche der Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit Professor Giancarlo Pesavento durchgeführt hatte, hatten Stromspannungen um die 500.000 Volt benötigt, um Bilder von wenigen Zentimetern Länge herzustellen, welche dem Grabtuch ähnelten.

Unter den Theorien der Wärmestrahlung, so lautete die Einschätzung des Paduaer Professors, könne nur „der Effekt der Koronarentladung (einer speziellen Form der elektrischen Entladung) eine Antwort auf die charakteristischen Einzelheiten des Abbildes eines Leichnams auf dem Tuch“ bereitstellen. Doch um eine Darstellung in der Größe des Turiner Grabtuchs zu erhalten, brauche es Voltzahlen bis zu zehntausenden Millionen von Volt. Oder man müsste sich außerhalb des Bereichs der Wissenschaft umschauen und das Phänomen mit der Auferstehung verbunden sehen“.

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Montag, 5. März 2012
Grab in Jerusalem birgt ältestes Zeugnis der Auferstehung
Ein Grab in Jerusalem aus dem Jahre 70 n. Chr. birgt das bislang älteste Zeugnis der Auferstehung Christi, indem die biblische Geschichte des Jona, der drei Tage im Bauch eines Wales ausharrte, auf Stein skizziert wurde. Die Jona-Geschichte galt den Urchristen als Zeichen der Auferstehung Christi am dritten Tage. Dies berichtet epoc.de hier.

In einem jüdischen Grab stießen Archäologen vermutlich auf die ältesten archäologischen Belege für das Christentum. Auf steinernen Grabkisten aus der Zeit vor 70 n. Chr. fand sich eine griechische Inschrift sowie eine Zeichnung, die nach Ansicht der Forscher die biblische Erzählung um Jona und den Fisch wiedergibt.

Zwar war die in den Fels gehauene Grabstätte schon vor rund 30 Jahren unterhalb eines modernen Gebäudes entdeckt worden, doch erteilte die Israel Antiquities Authority erst 2009 die Erlaubnis, sie mit einer Kamerasonde zu erforschen. Wie die Aufnahmen nun zeigten, gehen von der Grabkammer neun Nischen ab, von denen einige Ossuarien beherbergen. Auf einer dieser Gebeinkisten entdeckte ein Team um den Religionswissenschaftler James D. Tabor von der University of North Carolina at Charlotte die vierzeilige Inschrift, die sich allerdings nicht mehr eindeutig übersetzen lässt. Sicher sei jedoch, dass sie von der Auferstehung Christi handle.

Auf einem weiteren Ossuar glauben die Forscher, die geritzte Darstellung von zahlreichen kleinen und einem großen Fisch zu erkennen. Aus dessen Maul rage ein Männchen, das der Fisch bereits bis auf den Kopf verschlungen hat. Tabor zufolge zeigt das Bild die biblische Geschichte von Jona, der drei Tage und Nächte im Bauch eines großen Fisches ausharrte, bevor dieser ihn wieder ausspie. In den folgenden Jahrhunderten wurde das Motiv häufig an Grabwänden abgebildet, das die frühen Christen als Symbol der Auferstehung Jesu Christi verwendeten. Die Geschichte von Jona und dem Fisch in einem rund 2000 Jahre alten Grab vorzufinden, stellt für James D. Tabor einen erstaunlichen Fund dar: "Ich hielt es für unmöglich, in einem so alten jüdischen Grab ein Ritzbild zu finden, das konkret auf die Auferstehung hinweist."

Überdies galt der Fisch im Urchristentum als Erkennungszeichen, fährt der Religionswissenschaftler fort. Im Judentum sei außerdem die Abbildung von Menschen oder Tieren untersagt gewesen.


Natürlich gibt es auch degegen Widerspruch, aber der Fund mit Zeichnung und Inschrift sind eindeutig.

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Montag, 30. Januar 2012
Papst-Ansprache an das Neokatechumenat
Immer wieder liest man in Artikeln und Kurzmeldungen, der Papst hätte den Neokatechumenat ermahnt. Doch ist dies natürlich nicht wahr. Man muss schon bestimmte kleine Passagen der Rede aus dem Zusammenhang reißen und zudem noch unscharf übersetzen. Zenit.org steht nun nicht im Verdacht vom Neokatechumenat infiltriert zu sein, daher nutze ich meinen Blog, um deren vollständige Übersetzung der Papstansprache zu verlinken. Dort lese ich nichts von Ermahnung, sondern von Dankbarkeit für den Weg und von Ermutigung diesen Weg im Rahmen der Neuevangelisierung auch in den eigenen Pfarreien weiterzugehen. Die Ansprache hier.

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Samstag, 24. Dezember 2011
Christus: Der wahre und exemplarische Mensch
Wenn am heutigen Abend der Geburt Christi gedacht und gefeiert wird, dann stellt sich doch die Frage: Wer wurde da eigentlich geboren?

Lassen wir mal die rein kirchliche Bezeichnung 'Sohn Gottes' - so treffend sie ist - einmal kurz beiseite und beleuchten Christus, wie er zugleich auch als 'wahrer Mensch' bezeichnet wird.

Was bedeutet das?

Hier eröffnet sich eine Perspektive, die sich allein auf die Entwicklungsgeschichte des Menschen bezieht und sich so auch für zunächst nicht-christliche Menschen guten Willens ein ganz eigener Zugang auftut.

Der damalige Theologe Joseph Ratzinger und heutige Papst Benedikt XVI. widmet sich in seinem Buch 'Einführung in das Christentum' ab Seite 220 sehr ausführlich zu diesem Punkt:

Christlicher Glaube glaubt Jesus von Nazareth als den exemplarischen Menschen - so kann man wohl am ehesten den vorhin erwähnten paulinischen Begriff des "letzten Adam" sachgemäß übertragen. Aber gerade als der exemplarische, als der maßgebende Mensch überschreitet er die Grenze des Menschseins; nur so und dadurch ist er der wahrhaft exemplarische Mensch. Denn der Mensch ist um so mehr bei sich, je mehr er beim andern ist. Er kommt nur dadurch zu sich, dass er von sich wegkommt. Er kommt nur durch den anderen und durch das Sein beim anderen zu sich selbst...

Der Mensch ist dadurch Mensch, dass er unendlich hinausreicht über sich, und er ist folglich um so mehr Mensch, je weniger er in sich verschlossen, "beschränkt" ist. Dann ist aber - sagen wir es noch einmal - der am meisten Mensch, ja der wahre Mensch, der am meisten ent-schränkt ist, der das Unendliche - den Unendlichen! - nicht nur berührt, sondern eins mit ihm ist: Jesus Christus. In ihm ist der Schritt der Menschwerdung wahrhaft an sein Ziel gekommen...

Wenn Jesus der exemplarische Mensch ist, in dem die wahre Gestalt des Menschen, die Idee Gottes mit ihm, vollends ans Licht tritt, dann kann er nicht dazu bestimmt sein, nur eine absolute Ausnahme zu sein, eine Kuriosität, in der Gott uns demonstriert, was alles möglich ist. Dann geht seine Existenz die ganze Menschheit an. Das Neue Testament macht das erkennbar, indem es ihm einen "Adam" nennt; dies Wort drückt in der Bibel die Einheit des ganzen Wesens Mensch aus, so dass man von der biblischen Idee einer "Korporativpersönlichkeit" spricht. Wenn nun Jesus "Adam" genannt wird, sagt dies, dass er bestimmt ist, das ganze Wesen "Adam" in sich zu versammeln. Das aber bedeutet: Jene Realität, die Paulus, heute weithin für uns unverständlich, "Leib Christi" nennt, ist eine innere Forderung dieser Existenz, die nicht Ausnahme bleiben darf, sondern die ganze Menschheit "an sich ziehen" muss (vgl. Johannes 12,32).

Es muss als bedeutendes Verdienst von Teilhard de Chardin gewertet werden, dass er diese Zusammenhänge vom heutigen Weltbild her neu gedacht und trotz einer nicht ganz unbedenklichen Tendenz aufs Biologistische hin sie im Ganzen doch wohl richtig begriffen und auf jeden Fall neu zugänglich gemacht hat. Hören wir ihn selbst! Die menschliche Monade "kann nur ganz sie selbst werden, wenn sie aufhört, allein zu sein". Im Hintergrund ist dabei der Gedanke mitzuhören, dass es im Kosmos neben den beiden Ordnungen des unendlich Kleinen und des unendlich Großen eine dritte Ordnung gibt, die des unendlich Komplexen. Sie ist das eigentliche Ziel des aufsteigenden Werdeprozesses; sie erreicht einen ersten Höhepunkt in der Entstehung des Lebendigen, um dann immer weiter voranzuschreiten zu jenen hochkomplexen Gebilden, die dem Kosmos eine neue Mitte geben: "So winzig und zufällig der Platz auch ist, den die Planeten in der Geschichte der Sternkörper einnehmen, so bilden sie letzten Endes doch die Lebenspunkte des Universums. Durch sie läuft jetzt die Achse, auf sie konzentriert sich von nun an das Streben einer hauptsächlich auf die Erzeugung von großen Molekülen gerichteten Evolution". Die Betrachtung der Welt nach dem dynamischen Maßstab der Komplexität bedeutet so "eine völlige Umkehr der Werte. Eine Wendung der Perspektive".

Aber kehren wir zum Menschen zurück. Er ist das bisherige Maximum an Komplexität. Aber auch er kann als bloße Mensch-Monade noch keine Ende darstellen; sein Werden selbst fordert eine weiter gehende Komplexionsbewegung: "Stellt der Mensch nicht gleichzeitig ein in Bezug auf sich zentriertes Individuum (d. h. eine 'Person') dar und in Bezug auf irgendeine neue und höhere Synthese ein Element" ? Das will sagen: Der Mensch ist zwar einerseits schon ein Ende, das nicht mehr rückgängig gemacht, nicht mehr eingeschmolzen werden darf, und doch ist er im Nebeneinander der einzelnen Menschen noch nicht am Ziel, sondern erweist sich gleichsam als Element, das nach einer Ganzheit verlangt, die es umgreift, ohne es zu zerstören. Nehmen wir einen weiteren Text hinzu, um zu sehen, in welche Richtung solche Gedanken führen: "Im Gegensatz zu den Annahmen, die in der Physik noch immer Geltung haben, findet sich das Beständige nicht zutiefst - im Ifraelementaren -, sondern zuhöchst - im Ultrasynthetischen". So muss entdeckt werden, "dass nichts anderes den Dingen Halt und Zusammenhang gibt als ihre Verflechtung von oben her"...

Von da aus eröffnet sich der Zugang zu einem weiteren Text, um hier wenigstens durch das Zusammenlegen von ein paar Fragmenten die Gesamtsicht Teilhards anzudeuten. "Die universale Energie muss eine denkende Energie sein, soll sie nicht in der Entwicklung weniger weit sein als die Ziele, die von ihrer Wirkung beseelt werden. Und folglich... heben die kosmischen Wertattribute, mit denen sie sich in unseren modernen Augen umgibt, keineswegs die Notwendigkeit auf, dass wir ihr eine transzendentale Form der Persönlichkeit zuerkennen". Von da aus kann nun auch der Zielpunkt der ganzen Bewegung verstanden werden, wie Teilhard ihn sieht: Die kosmische Drift bewegt sich "in Richtung auf einen unglaublichen, quasi 'monomolekularen' Zustand..., wo jedes Ego... dazu bestimmt ist, seinen Höhepunkt in irgendeinem geheimnisvollen Super-Ego zu erreichen". Der Mensch ist als ein Ich zwar ein Ende, die Richtung der Seinsbewegung und seiner eigenen Existenz erweist ihn zugleich als ein Gebilde, das in ein "Über-Ich" hineingehört, welches ihn nicht auslöscht, aber umgreift; erst in solcher Vereinigung kann die Form des zukünftigen Menschen erscheinen, in der das Menschsein ganz am Ziel seiner selbst sein wird.


Nach diesen tiefen Erörterungen kommt Ratzinger auf die Person Jesu zurück, wenn er die Teilhardsche Sicht zusammenfasst:

Der Glaube sieht in Jesus den Menschen, in dem - vom biologischen Schema her gesprochen - gleichsam der nächste Evolutionssprung getan ist; den Menschen, in dem der Durchbruch aus der beschränkten Art unseres Menschseins, aus der monadischen Verschließung, geschehen ist; jenen Menschen, in dem Personalisation und Sozialisation sich nicht mehr ausschließen, sondern bestätigen; jenen Menschen, in dem höchste Einheit - "Leib Christi", sagt Paulus, ja noch schärfer: "Ihr seid ein Einziger in Christus" (Galaterbrief 3,28) - und höchste Individualität eins sind; jenen Menschen, in dem die Menschheit ihre Zukunft berührt und im höchsten Maße sie selbst wird, weil sie durch ihn Gott selbst berührt, an ihm teilnimmt und so in ihre eigentlichste Möglichkeit gelangt.

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Dienstag, 20. Dezember 2011
Hildegard von Bingen
Eine auch der breiten Öffentlichkeit bekannte Heilige, die uns sehr viel über den Menschen und seine Rolle im Kosmos sagen kann, ist Hildegard von Bingen (1098 - 1179).

Während sich einige an formale Prozesse festhalten und darauf verweisen, dass Hildegard ja noch gar nicht im Rahmen eines ordentlichen Verfahrens heiliggesprochen wurde, verweisen andere - zurecht - darauf, dass sie aber schon im Mittelalter im gültigen Verzeichnis für Heilige in Rom augelistet ist und für die Zeit ihres Todes eben noch kein Heiligsprechungsprozess in der bekannten Form existierte.

kath.net berichtet nun über erste handfeste Hinweise, dass Hildegard von Bingen im nächsten Jahr zur Kichenlehrerin erhaben werden soll, was - gelinde gesagt - eine Sensation wäre und ich mir dies schon lange erhoffe: hier.

Ist das glaubwürdig?

Entsprechende Bestrebungen - auch durch deutsche Bischöfe seit 1978 - gab es schon länger. Auch der damalige Theologe Joseph Ratzinger hatte eingehend über Hildegard von Bingen gearbeitet und sie nun als Papst in einer Katechesenreihe während der Generalaudienzen letztes Jahr als herausragendes Vorbild gewürdigt.

Zusätzlich zu dem Artikel von La stampa, sollen wirklich einschlägige Gutachten, wie sie bei Kandidaten als Kirchenlehrer üblich sind, vom Vatikan eingeholt worden sein.

Eine offizielle Bestätigung gibt es aber dazu noch nicht. Jedenfalls finde ich diese Meldung aufregender, als die Hinweise zum Higgs-Boson, denn die Schriften Hildegards zur Kosmogonie des Menschen sind weit bedeutender als das Wissen um die Existenz eines weiteren Bosons.

Zu Person und Werk: Benediktinerinnenabtei St. Hildegard

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Sonntag, 11. Dezember 2011
Ratzinger: Einführung in das Christentum
Zur Zeit lese ich mit großem Gewinn das Buch 'Einführung in das Christentum' von Josef Ratzinger, dem heutigen Papst Benedikt XVI.

Für mich als Christen, der sich auch für philosophische Themen interessiert, gibt es dabei tiefe Einsichten zu gewinnen.

Aber auch im Rahmen dieses eher naturwissenschaftlich orientierten Blogs werden dort dermaßen weitreichende und tiefgehende Verknüpfungen gezogen, dass ich hier darüber nach und nach berichten möchte...

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Sonntag, 9. Oktober 2011
II. Vatikanisches Konzil und die Freiheit
Warum das II. Vatikanum so bedeutuend und umstritten ist, wird an der Neuausrichtung der Kirche hin zum demokratischen Verfassungsstaat deutlich. Hier gibt es durch das II. Vatikanum eine echte Diskontinuität in einem bis dahin gelebten Prinzip des religiösen Zwangs seit das Christentum Staatsreligion im römischen Imperium wurde. Ein sehr ausführlicher und sehr wichtiger Artikel hat nun noch einmal kath.net veröffentlicht: hier.

Eine Rede des Papstes vom 22. Dezember 2005 wird analysiert. Für alle kirchenhistorisch und auch staatspolitisch Interessierte sehr zu empfehlen!

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