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Samstag, 14. Mai 2011
Politik blockierte wirksamen atomaren Katastrophenschutz
klauslange,19:12h
Wie Focus zu berichten weiß, hat die Politik in den letzten Jahrzehnten einen wirksamen Schutz gegen den atomaren Ernstfall blockiert.
Zum Bericht gehts hier.
Zitat:
Sie wollten das Schlimmste verhindern – irgendwie. Im Atomkraftwerk Neckarwestheim war ein Brand ausgebrochen. Die Flammen wüteten im Pumpengebäude eines Kühlturms, ein Mitarbeiter wurde vermisst.
In Spezialanzügen und unter schwerem Atemschutz preschten die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Gemmrigheim in die Brandzone vor. „Trotz schwierigster Bedingungen“, so steht es im Einsatzbericht, konnte die Gefahr „sehr zeitnah“ gebannt werden. Die Operation sei „einwandfrei“ verlaufen.
Kritik an mangelnden Konzepten
So oder so ähnlich fallen die meisten Bilanzen nach Notfallübungen in Atomkraftwerken aus. Alles habe „reibungslos funktioniert“, heißt es dann. Auf den Ernstfall sei man „gut vorbereitet“.
Das klingt wunderbar beruhigend. Man könnte glauben, selbst die Explosion eines Reaktors stelle für deutsche Krisenmanager kein Problem dar.
Ein fataler Irrtum, warnen Experten. Katastrophenforscher und Rettungskräfte halten das Konzept zum Schutz der Bevölkerung bei atomaren Bedrohungen für eine Farce. Es fehle an Warnsystemen ebenso wie an brauchbaren Plänen für Massenevakuierungen und zur Behandlung von Strahlenopfern.
Den unmöglichen Ernstfall proben
Der von Behörden erweckte Eindruck, jede Havarie sei beherrschbar, mutet angesichts der Erfahrungen früherer Übungen zynisch an. Immer wieder kam es zu Pannen, die im Realfall wohl viele Menschen das Leben gekostet hätten. Dabei wurden nur Szenarien geprobt, die nicht annähernd den Unglücken von Tschernobyl oder Fukushima entsprachen.
„Solche Dimensionen haben bei unseren Vorbereitungen nie eine Rolle gespielt“, kritisiert Hartmut Ziebs, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands. Er glaubt, dass dies „politisch so gewollt“ war. „Warum sollte man sich auf einen Fall vorbereiten, von dem es immer hieß, er werde niemals eintreten?“
...
Vorbeugung gegen personellen Notstand
Selbst für Rettungskräfte lässt sich keine Prognose abgeben. Jutta Helmerichs, Leiterin des psychosozialen Krisenmanagements im BBK, rechnet damit, dass etliche Helfer der psychischen Belastung nicht gewachsen sind – und aus Angst um das eigene Leben oder Sorge um die Familie den Dienst verweigern. „Auf wie viele Helfer dann verzichtet werden muss, kann nicht vorhergesagt werden“, so Helmerichs.
Ein personeller Notstand bei den Rettern wäre das Letzte, was ein Land im Ausnahmezustand gebrauchen kann. Deshalb bieten Bund und Länder spezielle Fortbildungen für Einsatzkräfte an, die bei atomaren Unglücken ausrücken müssen. Auch die Verantwortlichen in den Krisenstäben sollen künftig besser geschult werden.
Pläne liegen in Schubladen
Im Moment jedoch, warnt der Katastrophenforscher Wolf Dombrowsky, sei Deutschland auf atomare Schadensfälle „nicht ausreichend vorbereitet“. Das Schutzkonzept für die Bevölkerung sei teilweise „lückenhaft und grobschlächtig“, es gebe „kaum geeignete Antworten“ auf Fragen, die sich nach einer Tragödie wie in Japan stellen. „Ich habe erhebliche Zweifel, ob das bestehende Krisenmanagement im Ernstfall auch nur ansatzweise funktionieren würde.“
Zwar lägen viele Pläne in den Schubladen. Doch mit „Tabu-Denken und politischer Rücksichtnahme“ hätten die Verantwortlichen einen „wirksamen Bevölkerungsschutz vor atomaren Gefahren bislang blockiert“, so Dombrowsky.
Deutschland brauche dringend „ein System, das die Menschen unverzüglich und ortsspezifisch vor atomaren Gefahren warnt“, meint der Forscher. Zudem fehle es an „Dekontaminations- und Behandlungskapazitäten für den Massenanfall“. Dombrowsky: „Wenn nicht schleunigst realitätsnahe Konzepte erarbeitet werden, sehe ich für den Ernstfall schwarz.“
Ein radikales Umdenken fordert auch Hans-Peter Kröger, Chef des Deutschen Feuerwehrverbands mit 1,3 Millionen Mitgliedern. Die Kameraden kommen bei Atomunfällen an vorderster Front zum Einsatz. Nach dem Schrecknis von Fukushima sollten die Politiker endlich reagieren.
„Ich verlange eine schonungslose Revision der Strukturen und Konzepte für einen funktionierenden Bevölkerungsschutz“, mahnt Kröger. „Weitermachen wie bisher – das geht nicht.“
„Ich habe erhebliche Zweifel, ob das Krisenmanagement im Ernstfall auch nur ansatzweise funktionieren würde“, sagt auch Wolf Dombrowsky, Katastrophenforscher mit Professur an der Steinbeis-Hochschule Berlin.
Zum Bericht gehts hier.
Zitat:
Sie wollten das Schlimmste verhindern – irgendwie. Im Atomkraftwerk Neckarwestheim war ein Brand ausgebrochen. Die Flammen wüteten im Pumpengebäude eines Kühlturms, ein Mitarbeiter wurde vermisst.
In Spezialanzügen und unter schwerem Atemschutz preschten die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Gemmrigheim in die Brandzone vor. „Trotz schwierigster Bedingungen“, so steht es im Einsatzbericht, konnte die Gefahr „sehr zeitnah“ gebannt werden. Die Operation sei „einwandfrei“ verlaufen.
Kritik an mangelnden Konzepten
So oder so ähnlich fallen die meisten Bilanzen nach Notfallübungen in Atomkraftwerken aus. Alles habe „reibungslos funktioniert“, heißt es dann. Auf den Ernstfall sei man „gut vorbereitet“.
Das klingt wunderbar beruhigend. Man könnte glauben, selbst die Explosion eines Reaktors stelle für deutsche Krisenmanager kein Problem dar.
Ein fataler Irrtum, warnen Experten. Katastrophenforscher und Rettungskräfte halten das Konzept zum Schutz der Bevölkerung bei atomaren Bedrohungen für eine Farce. Es fehle an Warnsystemen ebenso wie an brauchbaren Plänen für Massenevakuierungen und zur Behandlung von Strahlenopfern.
Den unmöglichen Ernstfall proben
Der von Behörden erweckte Eindruck, jede Havarie sei beherrschbar, mutet angesichts der Erfahrungen früherer Übungen zynisch an. Immer wieder kam es zu Pannen, die im Realfall wohl viele Menschen das Leben gekostet hätten. Dabei wurden nur Szenarien geprobt, die nicht annähernd den Unglücken von Tschernobyl oder Fukushima entsprachen.
„Solche Dimensionen haben bei unseren Vorbereitungen nie eine Rolle gespielt“, kritisiert Hartmut Ziebs, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands. Er glaubt, dass dies „politisch so gewollt“ war. „Warum sollte man sich auf einen Fall vorbereiten, von dem es immer hieß, er werde niemals eintreten?“
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Vorbeugung gegen personellen Notstand
Selbst für Rettungskräfte lässt sich keine Prognose abgeben. Jutta Helmerichs, Leiterin des psychosozialen Krisenmanagements im BBK, rechnet damit, dass etliche Helfer der psychischen Belastung nicht gewachsen sind – und aus Angst um das eigene Leben oder Sorge um die Familie den Dienst verweigern. „Auf wie viele Helfer dann verzichtet werden muss, kann nicht vorhergesagt werden“, so Helmerichs.
Ein personeller Notstand bei den Rettern wäre das Letzte, was ein Land im Ausnahmezustand gebrauchen kann. Deshalb bieten Bund und Länder spezielle Fortbildungen für Einsatzkräfte an, die bei atomaren Unglücken ausrücken müssen. Auch die Verantwortlichen in den Krisenstäben sollen künftig besser geschult werden.
Pläne liegen in Schubladen
Im Moment jedoch, warnt der Katastrophenforscher Wolf Dombrowsky, sei Deutschland auf atomare Schadensfälle „nicht ausreichend vorbereitet“. Das Schutzkonzept für die Bevölkerung sei teilweise „lückenhaft und grobschlächtig“, es gebe „kaum geeignete Antworten“ auf Fragen, die sich nach einer Tragödie wie in Japan stellen. „Ich habe erhebliche Zweifel, ob das bestehende Krisenmanagement im Ernstfall auch nur ansatzweise funktionieren würde.“
Zwar lägen viele Pläne in den Schubladen. Doch mit „Tabu-Denken und politischer Rücksichtnahme“ hätten die Verantwortlichen einen „wirksamen Bevölkerungsschutz vor atomaren Gefahren bislang blockiert“, so Dombrowsky.
Deutschland brauche dringend „ein System, das die Menschen unverzüglich und ortsspezifisch vor atomaren Gefahren warnt“, meint der Forscher. Zudem fehle es an „Dekontaminations- und Behandlungskapazitäten für den Massenanfall“. Dombrowsky: „Wenn nicht schleunigst realitätsnahe Konzepte erarbeitet werden, sehe ich für den Ernstfall schwarz.“
Ein radikales Umdenken fordert auch Hans-Peter Kröger, Chef des Deutschen Feuerwehrverbands mit 1,3 Millionen Mitgliedern. Die Kameraden kommen bei Atomunfällen an vorderster Front zum Einsatz. Nach dem Schrecknis von Fukushima sollten die Politiker endlich reagieren.
„Ich verlange eine schonungslose Revision der Strukturen und Konzepte für einen funktionierenden Bevölkerungsschutz“, mahnt Kröger. „Weitermachen wie bisher – das geht nicht.“
„Ich habe erhebliche Zweifel, ob das Krisenmanagement im Ernstfall auch nur ansatzweise funktionieren würde“, sagt auch Wolf Dombrowsky, Katastrophenforscher mit Professur an der Steinbeis-Hochschule Berlin.
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