Freitag, 2. November 2012
Nochmals Causa Galileo
Erst kürzlich war wieder in Focus-Online ein Loblied auf den großen Vorkämpfer der Moderne Galileo zu vernehmen. Ich hatte schon vor, wieder einige Dinge richtig zu stellen, doch bin ich es langsam leid, immer wieder den selben Kampf auszufechten. Daher zögerte ich. Und das Zögern hat sich gelohnt! Denn Paul Badde hat eine treffliche und sehr scharfsinnige - und zudem historisch korrekte - Antwort verfasst, die kath.net sogleich veröffentlichte und nun auch ich hier verlinke.

Selbstverständlich bin ich für die wissenschaftliche Freiheit des Forschens. Doch diese Freiheit umfasst eben nicht, dass Wissenschaftler ihre Theorien und Hypothesen als Tatsachen veröffentlichen dürfen, so es noch begründete Zweifel gibt. Selbstverständlich darf man spekulieren und auch wilde Hypothesen aufstellen. Davon mache ich selbst gerne gebrauch, doch mache ich diese Hypothesen als solche kenntlich. Das ist der Unterschied zu Galileo und zur heutigen Evolutionsbiologie und auch so machen kosmologischen Modellen, obwohl letztere schon in ihren Aussagen vorsichtiger geworden sind.

Die Methode Galileis unbewiesene Behauptungen als Tatsachen darzustellen, mag sich heute großer Beliebtheit erfreuen, indes wurde sie damals durch die Inquisition zu recht verurteilt, wenngleich dieses Urteil päpstlicherseits nie unterschrieben wurde. Entsprechend schal schmeckt da die sogenannte Rehabilitierung. Sie setzt ein falsches Signal und trägt dazu bei, die eigentliche Auseinandersetzung zu verscheleiern.

Im kirchlichen Bereich werden Glaubensdogmen als solche kenntlich gemacht, es wäre an der Zeit, dass die moderne Wissenschaft, ob nun Natur- oder Geisteswissenschaft, entsprechend verfährt und ehrlich angibt, was wirklich bewiesen und was noch hypothetisch ist.

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Simultane Messung der Welle-/Teilchen-Dualität
In einem aufsehenerregenden Artikel wurde in dem Fachjournal Science die erstmalig simultane Messung einer Welle-/Teilchen-Dualität veröffentlicht. Bislang konnte - in Abhängigkeit von der Messmethode - entweder ausschließlich die Teilcheneigenschaft oder ausschließlich nur die Welleneigenschaft eines Quantums gemessen werden. Nun gelang beides simultan.

Dies berichtet science daily:

Surprisingly, when a photon is observed, it behaves either as a particle or as a wave. But both aspects are never observed simultaneously. In fact, which behaviour it exhibits depends on the type of measurement it is presented with. These astonishing phenomena have been experimentally investigated in the last few years, using measurement devices that can be switched between wave-like and particle-like measurements.

In a paper published Nov. 1 in Science, physicists from the University of Bristol give a new twist on these ideas. Dr Alberto Peruzzo, Peter Shadbolt and Professor Jeremy O'Brien from the Centre for Quantum Photonics teamed up with quantum theorists Dr Nicolas Brunner and Professor Sandu Popescu to devise a novel type of measurement apparatus that can measure both particle and wave-like behaviour simultaneously. This new device is powered by quantum nonlocality, another strikingly counter-intuitive quantum effect.

Dr Peruzzo, Research Fellow at the Centre for Quantum Photonics, said: "The measurement apparatus detected strong nonlocality, which certified that the photon behaved simultaneously as a wave and a particle in our experiment. This represents a strong refutation of models in which the photon is either a wave or a particle."

Professor O'Brien, Director of the Centre for Quantum Photonics, said: "To conduct this research, we used a quantum photonic chip, a novel technology pioneered in Bristol. The chip is reconfigurable so it can be programmed and controlled to implement different circuits. Today this technology is a leading approach in the quest to build a quantum computer and in the future will allow for new and more sophisticated studies of fundamental aspects of quantum phenomena."



Einen sehr ausführlichen Einblick in die Arbeit bringt pro physik:

In Wheelers Gedankenexperiment werden Photonen einzeln durch ein Mach-Zehnder-Interferometer geschickt und schließlich mit Detektoren registriert. Im Interferometer trifft ein Photon zunächst auf einen Strahlteiler, der ihm zwei Wege eröffnet, die mit Hilfe von Spiegeln an einem zweiten Strahlteiler zusammengeführt werden. Hinter diesem Strahlteiler stehen zwei Detektoren, die die beiden Lichtstrahlen auffangen. Da sich einem detektierten Photon nicht ansehen lässt, welchen der beiden Wege es genommen hat, verhält es sich wie eine Welle, die vom ersten Strahlteiler in zwei Teilwellen aufgespalten wird. Kommen die Teilwellen am zweiten Strahlteiler wieder zusammen, so können sie je nach ihrem Phasenunterschied konstruktiv oder destruktiv interferieren. Im ersten Fall wird das Photon immer von dem einen Detektor registriert, im zweiten Fall immer von dem anderen.

Nimmt man aber den zweiten Strahlteiler aus dem Strahlengang heraus, so kommt keine Interferenz mehr zustande. Das Photon wird nun mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit entweder vom einen oder vom anderen Detektor registriert. Dabei lässt sich eindeutig sagen, auf welchem Weg das Photon zum Detektor gelangt ist. Es hat sich also wie ein Teilchen verhalten. Wheeler wies nun darauf hin, dass sich an dieser Schlussfolgerung nichts ändert, wenn man den zweiten Strahlteiler erst aus dem Strahlengang nimmt nachdem das Photon den ersten Strahlteiler passiert hat. Zu diesem Zeitpunkt kann das Photon noch gar nicht „wissen“, ob seine Wellen- oder seine Teilchennatur gefragt ist. Diese Schlussfolgerung spricht gegen die Existenz von „verborgenen Parametern“, die das zukünftige Verhalten des Photons im Interferometer beeinflussen.

Doch was passiert, wenn der zweite Strahlteiler in einem Quantenzustand ist, bei dem er sich zugleich im und nicht im Interferometer befindet? Zeigt dann das Photon gleichzeitig seine Wellen- und seine Teilchennatur? Dieser Frage gingen sowohl die Forscher um Jeremy O’Brien von der University of Bristol als auch Sébastien Tanzilli von der Université de Nice und seine Kollegen nach.

Die britischen Forscher nutzten bei ihrem Experiment einen photonischen Schaltkreis, den sie zu einem Mach-Zehnder-Interferometer konfigurierten. Einzelne Photonen durchliefen das Interferometer und wurden von zwei Photodetektoren registriert. Mit einem Regler konnten die Forscher die Phase verändern, die die einzelnen „Test-Photonen“ auf einem der beiden Wege durch das Interferometer aufnahmen. Daraufhin zeigten die Zählraten an den Detektoren eine sinusförmige Phasenabhängigkeit, wie man es bei der Interferenz der photonischen Teilwellen erwartet.

Den zweiten Strahlteiler konnten die Forscher an- und abschalten, indem sie ihn an ein „Hilfs-Photon“ koppelten, das durch sein eigenes Mach-Zehnder-Interferometer lief. Je nach dem Quantenzustand des Hilfs-Photons (der von der relativen Phase der beiden Teilwellen dieses Photons abhing), war der zweite Strahlteiler angeschaltet, abgeschaltet oder in einem quantenmechanischen Überlagerungszustand dieser beiden Möglichkeiten. Die Detektorzählraten für die Test-Photonen hingen dann sinusförmig bzw. gar nicht von der Phasendifferenz ab, oder sie zeigten eine zwischen diesen Extremen liegende Phasenabhängigkeit. Entsprechend verhielt sich das Test-Photon wie eine Welle, wie ein Teilchen oder wie eine Überlagerung aus Welle und Teilchen. Indem die Forscher zeigten, dass die Quantenkorrelationen zwischen den Test- und den Hilfs-Photonen die Bellsche Ungleichung verletzten, stellten sie sicher, dass es sich bei der Welle-Teilchen-Überlagerung wirklich um einen Quanteneffekt handelte.

Die französischen Forscher gingen noch einen Schritt weiter. Bei ihrem Mach-Zehnder-Interferometer hing es von der Polarisation des Photons ab, ob der zweite Strahlteiler vorhanden war oder nicht. Während er vertikal (V) polarisierte Photonen im Verhältnis 50:50 aufteilte, reflektierte er horizontal (H) polarisierte Photonen zu 100 %. Die V-Photonen zeigten deshalb Interferenz und verhielten sich wie Wellen, wohingegen sich die H-Photonen wie Teilchen benahmen. Test-Photonen, die in einer quantenmechanischen Überlagerung der beiden Polarisationszustände waren, zeigten ein dazwischenliegendes Verhalten, wie die Forscher an der Phasenabhängigkeit der Detektorsignale sehen konnten.

Doch nun kam der Clou: Jedes Test-Photon war mit einem Hilfs-Photon in einem polarisationsverschränkten Zustand |HH>+|VV>, sodass es keine bestimmte Polarisation hatte. Die Forscher stellten sicher, dass für das Test-Photon auch nach Durchlaufen des Mach-Zehnder-Interferometers und anschließender Detektion offenblieb, ob es sich als Teilchen, als Welle oder als Überlagerung von beidem verhalten hatte. Erst als sie 20 Nanosekunden später in einem 20 Meter entfernten zweiten Labor die Polarisation des Hilfs-Photons detektierten, stand die Polarisation des mit ihm verschränkten (doch schon längst detektierten) Test-Photons fest – und damit auch sein Welle-Teilchen-Charakter. Eine gegenseitige Beeinflussung der beiden Detektionen war ausgeschlossen. Die französischen Forscher wiesen ebenfalls nach, dass die Korrelationen der Test- und der Hilfs-Photonen die Bellsche Ungleichung verletzten und damit eine Erklärung der experimentellen Resultate mit Hilfe von verborgenen Parametern ausgeschlossen war.

Dass sich Photonen und andere Quantensysteme nur wie Wellen oder wie Teilchen verhalten können, ist somit widerlegt. Es sind auch Zwischenformen möglich. Darüber hinaus kann man im Prinzip mit beliebiger Zeitverzögerung – also z. B. morgen – nachträglich bestimmen, ob ein Photon gestern einem Wellen- oder einem Teilchenexperiment unterzogen wurde.

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