Mittwoch, 12. September 2012
Quantenmechanischer Tunneleffekt in der Chemie entdeckt
klauslange,17:33h
Chemische Reaktionen können auch über einen quantenmechanischen Tunneleffekt ablaufen. Dieser Effekt wäre am besten mit dem Beamen aus Star Trek zu beschreiben, meint Prof. Schreiner von der Uni Gießen, berichtet scinexx.de:
Chemische Reaktionen kann man mit Bergwanderungen vergleichen: Man wird in der Regel den niedrigsten Pass erklimmen, um von einem in das nächste Tal zu gelangen. Hat man jedoch ein besonders lohnendes Ziel vor Augen, bemüht man sich auch schon mal über einen höheren Berg. Das Tunneln einer chemischen Reaktion kann man mit der Durchquerung eines hohen Berges von einem Tal zum nächsten durch einen – allerdings unsichtbaren – Tunnel verstehen. Bisher gingen Forscher davon aus, dass nur relativ niedrige Berge durchquert werden können und dass der Pfad über den Berg weiterhin gleichzeitig zugänglich ist.
Die aktuelle Studie der Chemiker um Professor Peter R. Schreiner von der Universität Gießen und Professor Wesley D. Allen von der University of Georgia zeigt nun, dass beides keinesfalls Voraussetzung für dieses Phänomen ist. Der Tunneleffekt kann am einfachsten mit dem Beamen in einem Science Fiction-Film verglichen werden: Materie wird von einem Punkt zum anderen transportiert – vollkommen unabhängig davon, welche Hindernisse dazwischen liegen.
Die Entdeckung des Gießener Teams mit seinen US-amerikanischen Partnern basiert auf der erstmaligen Darstellung eines bisher unbekannten, kleinen Moleküls, dem Methylhydroxycarben (H3C–C–OH). Dieses Molekül wurde nach thermischer Erzeugung in einer Argonmatrix bei minus 263 Grad Celsius „gefangen“ und spektroskopisch nachgewiesen.
Das erhoffte Tunnelverhalten trat ein: Unerwartet – zumindest nach dem bisherigen Verständnis chemischer Reaktionen – wurde die stärkste Bindung im System, nämlich die zwischen Sauerstoff (O) und Wasserstoff (H) gebrochen.
Innerhalb weniger Stunden bildete sich den Forschern zufolge selbst bei dieser tiefen Temperatur ausschließlich das unwahrscheinlichste Produkt, nämlich Acetaldehyd (H3C–CHO). Es war also ein Wasserstoff-Atom vom Sauerstoff zum Kohlenstoff (C) gewandert. Da bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt mangels Energie keine thermischen Reaktionen stattfinden können, konnte es sich nur um einen quantenmechanischen Tunnelprozess handeln.
„Wir wussten, dass die Reaktionsgeschwindigkeit durch Tunneln deutlich größer werden kann und dass dies bei niedrigen Temperaturen und leichten Atomen besonders zum Tragen kommt“, sagt Schreiner. „Was wir hier entdeckt haben, geht allerdings weit darüber hinaus. Der Tunnelprozess lenkt die Reaktion weg von dem durch die kinetische Kontrolle erwarteten Produkt – es bildet sich gerade eben nicht das Produkt mit der geringsten Barriere.”
„Die Entdeckung des Methylhydroxycarbens war für uns schon ein Grund zur Freude, doch sein schnelles Verschwinden in Richtung Acetaldehyd war einer der seltenen ‚Heureka-Momente‘ in der Wissenschaft, in denen man plötzlich und unerwartet etwas Neues entdeckt, was noch deutlich interessanter ist, als die ursprüngliche Fragestellung“, so Schreiner.
Die Aufklärung dieser neuen Befunde mittels einer Kombination ausgefeilter Experimente und extrem genauen Berechnungen führte schließlich zur Definition der Tunnelkontrolle, also einer nichtklassischen kinetischen Kontrolle einer chemischen Reaktion, in der die niedrigste Barriere nicht der entscheidende Faktor ist.
Die Wissenschaftler betonen, dass diese Ergebnisse weitreichende Konsequenzen für das Verständnis und das Design chemischer Reaktionen haben und nicht auf extrem tiefe Temperaturen beschränkt sind. (Science, 2011; doi:10.1126/science.1203761)
Chemische Reaktionen kann man mit Bergwanderungen vergleichen: Man wird in der Regel den niedrigsten Pass erklimmen, um von einem in das nächste Tal zu gelangen. Hat man jedoch ein besonders lohnendes Ziel vor Augen, bemüht man sich auch schon mal über einen höheren Berg. Das Tunneln einer chemischen Reaktion kann man mit der Durchquerung eines hohen Berges von einem Tal zum nächsten durch einen – allerdings unsichtbaren – Tunnel verstehen. Bisher gingen Forscher davon aus, dass nur relativ niedrige Berge durchquert werden können und dass der Pfad über den Berg weiterhin gleichzeitig zugänglich ist.
Die aktuelle Studie der Chemiker um Professor Peter R. Schreiner von der Universität Gießen und Professor Wesley D. Allen von der University of Georgia zeigt nun, dass beides keinesfalls Voraussetzung für dieses Phänomen ist. Der Tunneleffekt kann am einfachsten mit dem Beamen in einem Science Fiction-Film verglichen werden: Materie wird von einem Punkt zum anderen transportiert – vollkommen unabhängig davon, welche Hindernisse dazwischen liegen.
Die Entdeckung des Gießener Teams mit seinen US-amerikanischen Partnern basiert auf der erstmaligen Darstellung eines bisher unbekannten, kleinen Moleküls, dem Methylhydroxycarben (H3C–C–OH). Dieses Molekül wurde nach thermischer Erzeugung in einer Argonmatrix bei minus 263 Grad Celsius „gefangen“ und spektroskopisch nachgewiesen.
Das erhoffte Tunnelverhalten trat ein: Unerwartet – zumindest nach dem bisherigen Verständnis chemischer Reaktionen – wurde die stärkste Bindung im System, nämlich die zwischen Sauerstoff (O) und Wasserstoff (H) gebrochen.
Innerhalb weniger Stunden bildete sich den Forschern zufolge selbst bei dieser tiefen Temperatur ausschließlich das unwahrscheinlichste Produkt, nämlich Acetaldehyd (H3C–CHO). Es war also ein Wasserstoff-Atom vom Sauerstoff zum Kohlenstoff (C) gewandert. Da bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt mangels Energie keine thermischen Reaktionen stattfinden können, konnte es sich nur um einen quantenmechanischen Tunnelprozess handeln.
„Wir wussten, dass die Reaktionsgeschwindigkeit durch Tunneln deutlich größer werden kann und dass dies bei niedrigen Temperaturen und leichten Atomen besonders zum Tragen kommt“, sagt Schreiner. „Was wir hier entdeckt haben, geht allerdings weit darüber hinaus. Der Tunnelprozess lenkt die Reaktion weg von dem durch die kinetische Kontrolle erwarteten Produkt – es bildet sich gerade eben nicht das Produkt mit der geringsten Barriere.”
„Die Entdeckung des Methylhydroxycarbens war für uns schon ein Grund zur Freude, doch sein schnelles Verschwinden in Richtung Acetaldehyd war einer der seltenen ‚Heureka-Momente‘ in der Wissenschaft, in denen man plötzlich und unerwartet etwas Neues entdeckt, was noch deutlich interessanter ist, als die ursprüngliche Fragestellung“, so Schreiner.
Die Aufklärung dieser neuen Befunde mittels einer Kombination ausgefeilter Experimente und extrem genauen Berechnungen führte schließlich zur Definition der Tunnelkontrolle, also einer nichtklassischen kinetischen Kontrolle einer chemischen Reaktion, in der die niedrigste Barriere nicht der entscheidende Faktor ist.
Die Wissenschaftler betonen, dass diese Ergebnisse weitreichende Konsequenzen für das Verständnis und das Design chemischer Reaktionen haben und nicht auf extrem tiefe Temperaturen beschränkt sind. (Science, 2011; doi:10.1126/science.1203761)
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